Chronotypen: Leben und Arbeiten nach deinem Biorhythmus

Eule oder Lerche? Frühaufsteher oder Nachtmensch? Deine innere Uhr hat viel Einfluss auf dein Zeitmanagement. Diese Tools und Tipps helfen dir, dir deinen Biorhythmus zu Nutze zu machen statt gegen ihn anzukämpfen.

Die gute Nachricht zuerst: Wie bei fast allen Typisierungen gibt es kaum Extreme. Heißt in diesem Fall also: Sehr wahrscheinlich bist du eine Mischform aus Eule und Lerche. Mag sein, dass du ein bisschen früher leistungsfähig bist als der Durchschnitt – oder später – aber vermutlich kriegst du deine Dinge schon zu sozialverträglichen Uhrzeiten geregelt ohne dich dabei völlig zu verausgaben.

Absolute Eulen oder Lerchen, also Menschen, die wirklich nur früh oder nur sehr spät in Höchstform sind, gibt es, wie gesagt, kaum. Nimm die folgenden Tipps also bitte als Anregung. Ich versuche hier, so viele Fragen und Schwierigkeiten wie möglich abzudecken und gehe dabei vom Extrem aus. Es ist aber gut möglich, dass dein Leben ganz gut mit deinem Chronotyp harmoniert. Dann mach dir keine Probleme, wo keine sind. Pick dir einfach die Punkte heraus, die dir gerade nützen oder Spaß machen.

Linktip: Die Einteilung der Chronotypen in Eule und Lerche ist am geläufigsten, aber der amerikanische Schlafmediziner Dr. Michael Breus hat inzwischen eine neue, differenziertere Einteilung vorgenommen. Er unterscheidet in Delfin, Löwe, Bär und Wolf und gibt genaue Empfehlungen für Schlaf, Arbeit, Essen (und sogar Sex). Mach einfach den Test, wenn du wissen willst, zu welchem Typ du gehörst.

Auch wenn ich es immer mal wieder versuche: Aus mir wird einfach kein früher Vogel. Am produktivsten arbeite ich, wenn alle anderen gemütlich auf der Couch versacken oder schon ins Bett wanken. Deshalb dachte ich lange, dass ich eine reine Eule wäre. Stimmt aber gar nicht. Laut Test des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund bin ich nur eine gemäßigte Eule.

Warum wir zur falschen Zeit aufstehen
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Und tatsächlich: Wenn ich genauer hinsehe, stelle ich fest, dass nicht nur mein Biorhythmus Schuld ist, wenn ich nachts noch arbeite. Oft ist das auch einfach der Tatsache geschuldet, dass ich mich tagsüber nicht aufraffen konnte und die Deadline drückt. Im Gegenzug bin ich in den seltenen Fällen, in denen ich sehr früh, also deutlich vor 8 Uhr, am Schreibtisch sitze, in den ersten zwei Stunden erstaunlich produktiv. Dabei ist das doch als Eule so überhaupt nicht meine Zeit. Aber solange ich in der Nacht ausreichend geschlafen habe, kann ich zu dieser Zeit genauso gut arbeiten wie nachts. Aus einem ähnlichen Grund: Es gibt kaum Ablenkungen.

Analyse: Sieh genau hin, um deinen Biorhythmus zu bestimmen!

Stell in den nächsten Tagen bitte alle Annahmen zu deinem Chronotyp auf den Prüfstand, die dich so durch die letzten Jahre (oder Jahrzehnte) begleitet haben. Bist du wirklich ein Morgenmensch? Oder musst du nur einer sein, weil deine Kinder so früh wach sind? Bist du wirklich eine Eule? Oder arbeitest du nur deshalb spät, weil du dir viel zu wenig Schlaf gönnst und deshalb nicht aus dem Bett kommst?

Beobachte dich genau und schreib dir am besten auch auf, wie du dich fühlst. Stell dir dafür über den Tag verteilt immer mal wieder diese Fragen:

  1. Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie müde fühle ich mich gerade?
  2. Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie viel Tatkraft habe ich gerade? Könnte ich Bäume ausreißen oder doch nur Grashalme?
  3. Bin ich gerade konzentriert oder lasse ich mich leicht ablenken?
  4. Welche Tätigkeit würde mir jetzt am leichtesten fallen?

Lass dich von der letzten Frage nicht irritieren. Ich weiß, sie passt scheinbar nicht in die Reihe. Aber ich zum Beispiel bin manchmal den ganzen Tag müde und grundsätzlich leicht ablenkbar. Dann sind die ersten drei Fragen für die Bestimmung des Chronotyps nicht sehr hilfreich. Ich weiß aber, dass ich mich zu manchen Tageszeiten leichter auf die Arbeit konzentrieren kann als zu anderen. Oder dass ich Meetings oder längere Gespräche zu bestimmten Zeiten besser folgen kann. Oder dass ich am frühen Abend am kreativsten bin. Anhand des Fragen-Antworten-Protokolls findest du heraus, wann deine optimale Zeit für bestimmte Tätigkeiten ist.

Wichtig: Diese Analyse kann nur funktionieren, wenn du vorher die Rahmenbedingungen optimierst. Sorg dafür, dass du ausgeschlafen bist und versuch, die Analyse auf Tage zu legen, die nicht ganz so stressig sind, damit du auch wirklich Zeit und Ruhe hast, dich genau zu beobachten.

Optimiere dein Zeitmanagement nach deinem Chronotyp!

Du weißt jetzt also, wie dein Biorhythmus aussieht. Jetzt geht es darum, dein Zeitmanagement so anzupassen, dass du beides optimal kombinierst. Am einfachsten geht das, wenn du rückwärts planst. Schreib dir dafür auf ein Blatt Papier die Uhrzeiten von 00 Uhr bis 24 Uhr untereinander.

Fang jetzt also am Abend an: Wann war in deinen Analysetagen für dich Schicht im Schacht? Und damit meine ich nicht, wann du tatsächlich ins Bett gegangen bist, sondern wann du hättest gehen wollen. Wann warst du so müde, dass du dich nicht mehr konzentrieren konntest und dir schier die Augen zugefallen sind? Wann hattest du keine Lust mehr auf Gespräche und Gesellschaft? Nimm dir diesen Zeitpunkt und leg ihn als Bettzeit fest. (Keine Panik, wir machen gerade erstmal nur den Plan für eine perfekte Welt. Im nächsten Schritt passt du ihn an deine Realität an!)

Jetzt geh deinen Tag bis zum Morgen durch und markiere dir die Zeiten, in denen du:

  1. Dich besonders gut konzentrieren kannst
  2. Besonders kreativ/innovativ bist
  3. Besonders kommunikativ bis
  4. Dich körperlich besonders fit fühlst

Wenn es dir leichter fällt, kannst du das auch umdrehen: Markiere, wann du am wenigsten konzentriert/kreativ/kommunikativ/fit bist.

Wenn du die Felder mit einem Farbcode versiehst, wird das Ganze noch übersichtlicher, beispielsweise kannst du alle Konzentrationszeiten gelb markieren, alle Kreativ-Zeiten rot und so weiter.

Gäbe es keinen Chef, keinen Partner, keine Kinder, keine Termine hättest du jetzt deinen Plan für den optimalen Tagesablauf. Alle Aufgaben würdest du nun einfach in die passenden Zeitzonen einplanen und fertig.

Dummerweise – oder Gott sei Dank – hast du aber all das. Deshalb musst du nun ein bisschen jonglieren. Markier dir auf deinem Blatt Papier die festen Zeiten, an denen du selbst nichts ändern kannst. Darunter fällt deine Arbeitszeit, wenn du keine Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit hast, die Kita- oder Schulzeiten der Kinder oder fixe Termine für deine Hobbys oder Weiterbildungen.

Passt dein Tagesablauf zumindest grob zu deinem Optimale-Welt-Plan? Liegen also innerhalb deiner Arbeitszeit die Felder (Konzentration, Kreativität, Kommunikation, Körperliche Kraft), die du für den Job brauchst? Dann kannst du an die Feinplanung gehen.

Wenn das nicht so ist, hast du zwei Möglichkeiten: Ändere die Rahmenbedingungen oder nimm es hin. Deinen Chronotyp kannst du nicht grundlegend ändern. Aber dein Chronotyp legt auch nicht fest, dass du um 22 Uhr ins Bett gehen MUSST. Du hast durchaus Spielraum.

Doch wenn du das Gefühl hast, ständig heftig gegen deinen Biorhythmus zu kämpfen (so wie das für mich wäre, wäre ich Lehrerin geworden und müsste um 7.30 Uhr in der Schule sein), dann versuch, deine Rahmenbedingungen zu verändern. Vielleicht kannst du mit dem Chef flexible Arbeitszeiten vereinbaren und dann eine Kollegin finden, die gern zu den Zeiten arbeitet, die dir nicht so recht sind, so dass ihr euch reinteilen könnt. Oder du findest mit deinem Partner einen neuen Modus Operandi für die Betreuung der Kinder. Manchmal können schon kleine Veränderungen eine große Erleichterung für dich bedeuten, also trau dich, die Dinge anzusprechen!

Feinplanung: Aufgabenorganisation nach Chronotyp

Du hast jetzt dein grobes Gerüst. Nun geht es an die Feinplanung. Deine Termine und Zeitblöcke sind vergeben. Was noch bleibt, sind die Aufgaben innerhalb der Zeitblöcke.

Wichtig: Verzettel dich hier nicht! Es geht hier nicht um Selbstorganisation, die hängt nämlich nicht vom Chronotyp ab. Es geht nur darum, dass du deine Phasen (Konzentration, Kreativität, Kommunikation, Körperliche Kraft) optimal nutzt. Plan also grob, wann du Sport machen, dich entspannen und wann du produktiv sein willst. Für die Arbeitszeit kannst du, wenn du dir deine Aufgaben selbst einteilen kannst, deine To Dos so legen, dass es für dich passt.

Batching

Probier dafür, wenn du kannst, das Batching aus: Ziehe also ähnliche Aufgaben zusammen und arbeite sie am Stück ab. Kann zum Beispiel heißen: Alle Telefonate und Mails erledigst du in der Zeit, in der du eh besonders kommunikativ bist. Die Arbeit am Konzept oder dem neuen Produkt legst du in die Konzentrations- und/oder Innovationsphasen usw. Noch mal: Verzettel dich nicht! Schreib hier bitte keine detaillierte To-Do-Liste. Wenn es dir ein Bedürfnis ist, das alles genauer zu planen, schau dir den Beitrag zum Timeboxing an.

Familienzeit und Chronotypen

Es kann sich übrigens lohnen, auch mal mit deinen Kindern darüber zu reden, wann sie sich besonders gut konzentrieren können oder sich besonders fit fühlen. Die meisten Kinder gehören zu den Lerchen, während Jugendlich fast immer zu Eulen werden, bevor sich ihr Chronotyp einpendelt. Das hat teilweise gravierende Auswirkungen in der Schule. So verweist die Uni Tübingen auf Studien, wonach Eulen im Abitur eine halbe Note schlechter abschnitten als Lerchen. An den Unterrichtszeiten deiner Kinder kannst du nichts ändern. Aber vielleicht könnt ihr den Nachmittag nach ihrem Biorhythmus gestalten. Das erleichtert ihnen nicht nur die Arbeit, sondern sorgt vielleicht auch für einen entspannteren Familienalltag.

Wie sieht das bei dir aus? Eule oder Lerche? Oder doch Delfin, Wolf, Löwe oder Bär? Richtest du deinen Alltag nach deinem Biorhythmus aus und wie genau machst du das? Teil gern deine Erfahrungen mit mir und den anderen Lesern und Leserinnen des Blogs!