Fremdbestimmt? 4 Tipps, um die Kontrolle über deine Zeit zurück zu erobern

Zeitmanagement funktioniert nur dann optimal, wenn du selbst bestimmst, was du wann tust. Aber für viele Menschen ist das nur eine hübsche Ideal-Vorstellung, die mit ihrer täglichen Realität nicht viel zu tun hat. Wie dir Zeitmanagement helfen kann, wenn dein Tag weitestgehend fremdbestimmt abläuft, erfährst du heute.

Auch wenn die Instagram-Blase uns das gern vorgaukelt: Es ist NICHT für jeden möglich, jeden Tag vollkommen selbstbestimmt zu gestalten. Ich behaupte sogar, dass jeder von uns ein Stück weit fremdbestimmt ist. Manche haben es leichter als andere, weil sie zum Beispiel im Job viel Flexibilität und keine kleinen Kinder (mehr) haben. Aber 100 % ohne fremden Einfluss kann wohl niemand über seine Zeit bestimmen.

Doch was, wenn dein Tag fast vollständig fremdbestimmt ist? Wenn du einen Job mit fixen Arbeitszeiten, vielen Meetings und Aufgaben hast, deren Deadline andere für dich setzen? Wenn zu Hause kleine Kinder auf dich warten, die zwar zauberhaft, aber in ihren Stimmungen und ihrer Bereitschaft, deinen Tagesplan mitzutragen, eher… na, sagen wir: wankelmütig… sind?

Wenn du den Job nicht wechseln und die Kinder nicht fremdbetreuen lassen kannst oder willst, hilft alles jammern nichts. Davon wird sich nichts ändern. Aber vielleicht kannst du dir mit den folgenden Tipps ein kleines bisschen Selbstbestimmung zurückerobern und so zumindest Teile deines Tages oder deiner Woche wieder nach deinen eigenen Regeln und Zielen gestalten.

Fremdbestimmt? Lern Grenzen setzen!

Deine Kollegin lädt ständig Teile ihrer Arbeit bei dir ab. Der Chef überträgt dir permanent ohne Rücksprache neue Aufgaben. Deine Familie ignoriert das Bitte-nicht-stören-Schild an deinem Arbeitszimmer ebenso wie deine Auszeit in der Badewanne… Wenn du das Gefühl hast, dass du nicht nur fremdbestimmt bist, sondern regelrecht ausgenutzt wirst, ist es Zeit Grenzen zu setzen.

Weil „Nein“ sagen aber vielen Menschen schwerfällt, kannst du das Üben und auf ein paar Tricks zurückgreifen.

  1. Verschaff dir Zeit, in dem du nicht sofort zu-, aber auch noch nicht absagst, wenn jemand etwas von dir will. „Ich schaue nach, ob ich das unterkriege und melde mich heute Nachmittag noch mal bei dir“, ist ein guter Satz. Er signalisiert immer noch Hilfsbereitschaft, macht aber auch deutlich, dass du deine eigenen Ressourcen einschätzen kannst und dich nicht einfach vereinnahmen lässt.
  2. Schreib dir die häufigsten Situationen auf, in denen du dich ausgenutzt fühlst. Dann entwickle für jede ein Wenn-Dann-Szenario: Wenn die Kollegin mir kurz vor Feierabend ihre Akten auf den Tisch legen will, dann erkläre ich, dass ich heute leider schon einen Termin habe und deshalb pünktlich Feierabend machen muss. Oder: Wenn meine Kinder ins Bad stürmen, wenn ich gerade in der Wanne liege, dann schicke sie raus und erkläre ihnen, dass ich mich in einer halben Stunde, wenn mein Bad beendet ist, als erstes um ihr Problem kümmere. Lies dir diese Wenn-Dann-Szenarien immer wieder durch, damit du sie verinnerlicht. Wenn die Situation dann eintritt, hat dein Gehirn die neue Standard-Reaktion schon ein Stück verinnerlicht und du kannst sie abrufen statt aus Reflex doch wieder „Ja“ zu sagen.
  3. Üb das „Nein“ sagen in Situationen, in denen es um nichts geht. Wenn der Kellner fragt, ob du noch was trinken möchtest, sag nett „Nein“. Wenn in der Stadt ein Spenden- oder Unterschriftensammler etwas von dir will, sag „Nein“, statt dich eine Viertelstunde vollquatschen zu lassen. Allmählich wirst du feststellen, dass „Nein“ für dich seinen Schrecken verliert.

Bitte-nicht-stören-Zeiten etablieren

Wer ständig aus der Arbeit gerissen wird, macht mehr Fehler, braucht für alles länger und fühlt sich gestresster. Deshalb gilt es, häufige Unterbrechungen vor allem während es Arbeitstages zu verhindern. Das ist aber in vielen Berufen gar nicht so einfach. Und wer die meiste Zeit im Homeoffice arbeitet und damit auch für die Familie ständig erreichbar ist, hat das Problem gleich doppelt.

Um das in Zukunft zu verhindern, etabliere Bitte-nicht-stören-Zeiten. Damit andere sich einfacher darauf einstellen können, ist es am besten, wenn du das immer zur selben Zeit einplanst. Du kannst also beispielsweise festlegen, dass du an Arbeitstagen von 8 bis 11 Uhr eine „Deep Work“-Phase hast. Das bedeutet: Du bist in dieser Zeit im Firmen-Messenger auf „nicht erreichbar“ oder „nicht stören“ gestellt, liest und beantwortest in der Zeit keine Mails und gehst auch nicht ans Telefon. Für deine Familie bedeutet das: In dieser Zeit beantwortest du keine Fragen, schlichtest keinen Streit, übernimmst nicht „mal schnell“ Haushaltsaufgaben oder Eltern-Taxi.

Aus fremdbestimmt wird selbstbestimmt, wenn du es richtig angehst

Bitte-nicht-Stören-Zeiten zu etablieren, dauert ein bisschen und kann gerade am Anfang frustrierend sein, aber es lohnt sich durchzuhalten. Damit Familie, Kollegen und Chefs deine Zeiten respektieren, kannst du folgende Tipps nutzen:

  1. Rede! Wenn keiner weißt, was du in der Zeit machst, führt das zu Unmut. Deshalb erklär im Team und auch deinen Vorgesetzten genau, warum du diese Zeit brauchst, gib immer wieder Updates, was du in dieser Zeit geschafft hast (wöchentlich zum Beispiel) und mach ganz klar, dass du außerhalb dieser paar Stunden am Tag natürlich erreichbar bist und schnellst möglich reagierst, wenn dich jemand braucht. Dasselbe gilt für deine Familie.
  2. Schaff visuelle Symbole! Gerade am Anfang kann es sein, dass deine Kollegen und deine Familie deine Bitte-nicht-stören-Zeit versehentlich unterbrechen. Das ist kein böser Wille, also reagier nicht gleich grantig. Die Umgewöhnung braucht Zeit. Zur Erinnerung kannst du visuelle Anker setzen. Im Büro und im Homeoffice kannst du einen Gegenstand definieren. Wenn der vor deinem Büro oder auf deinem Schreibtisch steht, wissen alle: Bitte jetzt nicht stören. Bei einem früheren Arbeitgeber von mir war das eine Quietsche-Ente, aber es geht natürlich auch jedes andere Symbol. Auch sehr hilfreich: große Kopfhörer aufsetzen. Wenn die noch eine Noise Cancelling Funktion haben, profitierst du doppelt. Wenn ihr mit Messenger- oder Mailprogrammen arbeitet, gewöhn dir an, deinen Status in der Bitte-nicht-stören-Zeit entsprechend zu ändern. Auch das ist ein visueller Anker.
  3. Organisier deine Deep-Work-Phase so, dass sie möglichst wenig Unannehmlichkeiten für andere verursacht. Wenn jedes zweite Meeting verschoben werden muss, weil du auf deine Bitte-nicht-stören-Zeit pochst, wird das auf wenig Gegenliebe stoßen. Deshalb such dir eine Zeit aus, an der möglichst wenig Meetings und andere Termine liegen.

Fokusthemen und -tage etablieren

Wenn deine Tage randvoll sind und du ständig zwischen Wünschen deines Arbeitgebers und deiner Familie jonglierst, um allen gerecht zu werden, hast du deine eigenen Prioritäten vermutlich selten im Blick. Und wie sollst du auch mehr Sport machen oder an deinem Traum eines Sidebusiness arbeiten, wenn nun mal die Hobbys der Kinder und die Aufgaben des Chefs an feste Termine gebunden sind?

Wenn du das Gefühl hast, wie der Roadrunner durch die Tage zu rasen und dabei gar nicht mehr wahrnehmen kannst, was rechts und links passiert, helfen Fokusthemen. Mach dir eine Liste der Dinge, die du für dich selbst gern umsetzen oder erreichen willst. Das können ganz banale Aufgaben wie „endlich die Steuererklärung erledigen“ sein oder große Lebensziele wie „endlich gesünder und fitter leben“. Schreib auf, was dir einfällt.

Wenn du deinen Monat (oder deine Woche) planst, beziehst du diese Liste jetzt immer mit ein. Die Fokusthemen wie die Steuererklärung, die erledigt werden müssen, planst du in deine To-Do-Liste für die Woche oder den Monat ein. Aber nicht als großes Projekt, sondern heruntergebrochen auf machbare nächste Schritte. In Sachen Steuererklärung würde aus „Steuererklärung erledigen“ auf der To-Do-Liste also im ersten Schritt: „alle Steuerunterlagen für Steuerjahr XY zusammensuchen und chronologisch sortieren.“ So hangelst du dich von Woche zu Woche oder Monat zu Monat, bis du dieses Fokusthema abgeschlossen hast.

Fokustage oder tägliche Gewohnheiten

Für die persönlichen Fokusthemen, die nicht an eine Deadline gebunden sind, kannst du zwei Methoden nutzen:

  1. Mach einen Tag pro Woche zum Fokustag und versuch, an diesem Tag ausschließlich oder zumindest überwiegend Aufgaben zu erledigen, die auf dein Fokusthema einzahlen. Wenn das nicht zu realisieren ist, versuch zumindest einen halben Fokustag einzurichten.
  2. Brich das Fokusthema auf tägliche Gewohnheiten runter, entscheide dich für eine oder maximal drei neue Gewohnheiten (wenn sie eh ineinandergreifen) und versuch mindestens 60 Tage lang dranzubleiben und die neue Gewohnheit täglich durchzuziehen. Mit einem Gewohnheitstracker kannst du deinen Fortschritt dokumentieren.

Auf diese Weise schaffst du dir selbstbestimmte Inseln in deinen weitestgehend fremdbestimmten Tagen.

Fremdbestimmt? Darf auch mal sein

Klingt widersprüchlich, ist aber einfach nur realistisch. Wenn du nicht gerade ein Leben als Einsiedler oder Einsiedlerin führst, wird es immer Tage geben, die fremdbestimmt sind. Dagegen anzukämpfen, kostet dich nur Energie. Damit es dich nicht so frustriert, mach dir bewusst, dass Fremdbestimmung einfach zu deinem Leben gehört und dass das in Ordnung ist.

Mit dieser Einstellung kannst du gelassener reagieren, wenn mal wieder jemand anderes über deine Zeit bestimmt.

Damit du deine eigene Planung nicht jedes Mal komplett über den Haufen werfen musst, wenn andere dir unerwartet etwas Neues über den Zaun werfen, denk an Pufferzeiten! Schätz für jede Aufgabe und jeden Termin, den du dir für den Tag vornimmst, die Dauer und schlag dann noch mal 50 % der Zeit als Puffer oben drauf. So hast du genug Freiraum, um zusätzliche Aufgaben einzuschieben und schaffst deine persönliche Prioritäten-Liste trotzdem.