Journaling: Ein Experiment

Journaling: Ein Experiment

Journaling hilft, besser mit Stress umzugehen, Ziele schneller zu erreichen, bessere Beziehungen zu führen, … Also warum kriege ich es einfach nicht hin, eine Journaling-Routine zu etablieren? Diese Frage war der Ausgangspunkt für mein Journaling-Selbstexperiment. Welche Methoden ich ausprobiert und was ich gelernt habe, verrate ich dir jetzt.

Ich habe schon lange keinen Text mehr so prokrastiniert wie diesen. Seit vier Wochen steht „Magazin-Text ‚Journaling‘ schreiben“ auf meiner To-Do-Liste und ich konnte mich einfach nicht aufraffen. Zuerst kam es mir sehr gelegen, dass ich im Hauptjob Anfang Februar in Arbeit ertrunken bin. Dann habe ich eine Ausrede nach der anderen erfunden. Und dann hatte ich heute einen Moment geistiger Klarheit: Nichts davon ist der Grund für meine Prokrastination.

Vielmehr schäme ich mich ein bisschen, hier als Expertin für das Journaling aufzutreten, denn mein Selbstexperiment fühlt sich wie ein Fehlschlag an. Und wenn ich es selbst nicht hinkriege, wie kann ich dir dann gute Tipps geben?

Aber der Gedanke ist dumm, denn das ist ja der Kern des Zeitplanerin-Universums: Ich zeige dir nicht nur, was bei mir gut klappt, sondern auch alle Fallstricke, über die ich so stolpere. Immerhin bin ich überzeugt davon, dass du nicht jeden Fehler selber machen musst, um daraus zu lernen.

Ich werde also weiter um meine Journaling-Routine kämpfen, aber in der Zwischenzeit kann ich dir ja schon mal erzählen, was ich bisher ausprobiert habe und wie das so gelaufen ist.

Was ist Journaling?

Eine offizielle Definition für das Journaling ist schwer zu finden. Grundsätzlich geht es darum, bewusst durch das schriftliche Reflektieren ein besseres Leben zu führen. Dabei kann das Journaling verschiedene Gesichter annehmen: Du kannst dein Journal als Tagebuch nutzen und so eine Art Chronik deines Lebens führen und Erinnerungen bewahren. Häufiger geht es beim journaln aber um die Introspektive. Wir beschäftigen uns also mehr mit uns als mit der Welt um uns herum. Ich glaube, dass das Journaling immer einen konkreten Zweck hat. Ich will entweder ein bestimmtes Problem lösen oder ein Ziel (schneller) erreichen. Und je nach Zielsetzung kannst du unterschiedliche Methoden zum journaln nutzen.

Mein Journaling Selbstexperiment

Mein Youtube-Algorithmus schlägt mir immer wieder Videos vor, in denen Menschen davon erzählen, wie das Journaling ihr Leben verändert hat – positiv natürlich. Oder eine neue Journaling-Technik vorstellen (oder 3 oder 5 oder 10). In jedem dieser Videos wird betont, welche großartigen Veränderungen Journaling bewirken kann.

Journaling kann dir helfen:

  • Klarheit zu gewinnen und bessere Entscheidungen zu treffen
  • Stress und Ängste zu reduzieren
  • Dich selbst besser kennenzulernen
  • Ziele konsequenter zu verfolgen
  • Kreativität zu fördern

Es wird dich also nicht überraschen, zu lesen, dass ich seit Monaten am Haken hänge und das auch will. Mitte Dezember habe ich dann beschlossen, eine Challenge daraus zu machen – auch weil mir zufällig zur selben Zeit ein Bekannter schrieb, dass er auch anfangen wolle, regelmäßig zu journaln. Wir wurden also zu Accountability Buddies. Meine Plan war: Jeden Tag ganz bewusst journaln, dabei verschiedene Methoden testen und aus dem, was funktioniert, eine eigene Routine aufbauen.

Gescheitert bin ich an „bewusst“. Ich hab an den meisten Wochentagen seit Mitte Dezember irgendwie gejournalt. Aber meist eher nebenbei. Mit einer Hirnhälfte bei den nächsten Ideen und Aufgaben oder während ich nebenbei ein Reddit-Stories-Youtube-Video gehört habe. Hier ein Stichpunkt, wenn mir etwas auf- oder eingefallen ist, da ein anderer – Stunden später und ohne Zusammenhang.

Dass damit auch der erhoffte Effekt flöten geht, ist einleuchtend, aber dennoch frustrierend.

Welche Methoden zum Journaling habe ich ausprobiert?

Kurz vorab: Im Download-Bereich findest du ein Cheat Sheet mit 20 Journaling-Methoden, die du nutzen kannst, um deine eigenen Favoriten zu finden. Hier stelle ich dir jetzt nur die 9 Methoden vor, die ich mehr als einmal selbst ausprobiert habe.

Micro-Journaling aka Tagesreflexionen

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich Journaling nennen würde, denn es ist genau die Technik, die mir zum Verhängnis wurde. Andererseits: Auch das Micro-Journaling führt dazu, dass ich Beobachtungen und Erlebnisse, die ich sonst vielleicht sofort wieder vergessen würde, festhalte – egal, wie bewusst ich dabei gerade bei der Sache bin (oder eben nicht).

Worum geht es also? Das Micro-Journaling ist die klassische Reflexion im Daily deines Bullet Journals. Immer, wenn du etwas erlebst, beobachtest, fühlst, denkst, lernst, erkennst, das einen Eindruck hinterlässt, notierst du es in kurzen Stichpunkten.

Vorteil: Es kostet kaum Zeit, du musst dich nicht zu einer bewussten Journaling-Sitzung aufraffen und du hast auch die kleinen Kleinigkeiten festgehalten. Und die sind oft, was uns im Nachgang noch mal lächeln lässt oder wirklich Veränderungen anstößt.

Nachteil: Die Methode stößt nur dann Veränderungen an, wenn wir die Stichpunkte auch noch mal lesen – zum Beispiel in einer Wochenreflexion. Dafür musst du dann aber alle Dailies der Woche durchgehen und das kann auch schon wieder eine zu große Hürde sein.

Prompts

Prompts, also Vorschläge, worüber du schreiben könntest, sind häufig der Einstieg ins Journaling. Die berühmten 6-Minuten-Tagebücher arbeiten so und ich habe ein Glücksrad, das du anstoßen kannst, um dir eine zufällige Reflexionsfrage ausgeben zu lassen.

Vorteil: Die panischen Gedanken „Ich weiß doch gar nicht, was ich da schreiben soll!“ entfallen, weil dir die Prompts das Thema vorgeben. Außerdem kannst du so sehr gezielt journaln. Wenn du zum Beispiel deiner Angst vor öffentlichen Auftritten auf den Grund gehen willst, könnte dein Prompt jeden Abend lauten: „Wo habe ich mich heute trotz meiner Angst zu Wort gemeldet und wie ging es mir damit?“

Nachteil: Mir wurde die Methode mit immer denselben Fragen schnell langweilig (weshalb in meinem 6-Minuten-Tagebuch auch weniger als 2 Wochen ausgefüllt sind). Und die Methode mit wechselnden, zufälligen Prompts war mir zu beliebig. Ich hab dann irgendwas geschrieben, aber oft war das gar nichts, was mich gerade wirklich umgetrieben hat. So hatte ich immer das Gefühl, dass das Ganze eigentlich nichts bringt.

Storyworthy – Homework of life

Ich lese gerade das Buch „Storyworthy“ von Matthew Dicks. Er ist Storyteller, also professioneller Geschichtenerzähler, schreibt Bücher und tritt mit Geschichten aus seinem Leben bei Storytelling-Wettbewerben auf (Ja, sowas gibt es offenbar wirklich).

Er sagt, die Geschichten, die sich zu erzählen (und zu bewahren) lohnt, drehen sich immer um einen 5-Sekunden-Moment in deinem Leben. 5 Sekunden, in denen du etwas erlebt, erfahren, (über dich selbst) gelernt hast, das dich oder deine Sicht auf die Welt oder deine eigene Biografie verändert. Das Problem: Die 5-Sekunden-Momente sind oft weder groß noch laut und gehen deshalb in den großen, lauten Begleiterscheinungen manchmal unter.

Deshalb gibt es in dem Buch eine Übung, die ich toll finde als Journaling-Anregung: Homework of life. Jeden Abend setzt du dich hin und notierst in kurzen Stichpunkten, was an diesem Tag dein 5-Sekunden-Moment war. Wo hattest du eine Erkenntnis? Was hat deine Ansichten in einem bestimmten Punkt heute geändert? Wann hast du an diesem Tag plötzlich anders/besser auf eine bestimmte Sache reagiert als sonst? Das müssen keine großen Dinge sein, die Veränderung muss auch nicht unbedingt anhalten. Aber notier jeden Abend, welcher Moment diesen Tag besonders macht.

Vorteile: Wenn du ein bisschen Übung hast, geht es blitzschnell. Gleichzeitig hast du, anders als beim Tagebuch, die wichtige Essenz eines Tages eingefangen. Also keine Chronik deiner Tagesabläufe, sondern die Momente, die dir wirklich helfen können, dich und dein Leben zu verändern (oder gute Geschichten zu erzählen).

Nachteil: Anfangs ist es unheimlich schwer, sich an 5-Sekunden-Momente zu erinnern oder sie zu erkennen. Deshalb dauert es in den ersten Tagen ewig, einen Eintrag zu schreiben und du musst ein paar Wochen durchziehen, um wirklich zu profitieren. Und: Ich habe festgestellt, dass ich oft erst mit ein bisschen Abstand einschätzen kann, ob das wirklich ein 5-Sekunden-Moment war. Am Tag selbst fühlt es sich oft total banal und unwichtig an, aber wenn ich es später noch mal lese, spüre ich, dass es tatsächlich einen emotionalen Einfluss hatte und deshalb wichtig war.

Birkenbiehls Erfolgsjournal

Ich bin ein großer Fan von Vera F. Birkenbiehl. Sie ist schon eine Weile tot, weshalb die Videos, die es von ihr gibt, ein bisschen aus der Zeit gefallen wirken. Aber ihre Methoden funktionieren. Sie schlägt zum Beispiel das Führen eines Erfolgsjournals vor und zwar so:

Zunächst schreibst du mindestens 5 Dinge auf, die an diesem Tag gut gelaufen sind und dann –das ist der Unterschied zum normalen Erfolgstagebuch – notierst du, was du an diesem Tag gelernt hast. Und wenn man bisher nichts gelernt habe, dann solle man sich „die Enzyklopädie holen und einen Eintrag lesen“, damit man etwas notieren könne.

Vorteil: Erfolgslisten sind super, weil sie dir helfen, dein Gehirn darauf zu trainieren, die positiven Dinge zu sehen. Die gibt es immer, aber wir sind oft so überwältigt von den negativen Ereignissen, dass wir die guten nicht richtig wahrnehmen und schon gar nicht speichern. Das änderst du langsam, aber sicher, wenn du dich jeden Tag zwingst, mindestens 5 wirklich positive Dinge zu notieren. Und der Lerneintrag? Der hilft dir, dich besser kennen- und aus deinem eigenen Verhalten zu lernen. Und wenn du keine introspektiven Erkenntnisse hast, sondern abends noch nach einem Lernerfolg suchst, lernst du die witzigsten Dinge. Ohne den Anstoß hätte ich nie gelernt, was eine Ameisenmühle ist oder ob Wale pupsen.

Nachteil: Wenn du dir richtig Zeit dafür nimmst, sehe ich keinen Nachteil. Du musst unter „Lernen“ nur wirklich erstmal auf dich und deinen Tag schauen, bevor du den lustigsten Eintrag bei Wikipedia zitierst. Nur so kannst du neben der Positivität auch die persönliche Weiterentwicklung mit dieser Methode fördern.

AMWAP – as many wins as possible

AMWAP funktioniert ähnlich wie die Birkenbiehl-Methode, aber ohne den Lernteil und mit mehr Herausforderung. Auch hier geht es darum, die positiven Erlebnisse des Tages aufzuschreiben. Aber – wie der Name schon sagt – nicht nur 5, sondern so viele wie möglich. Wichtig: Ein „win“, also ein Gewinn, ist nicht nur ein klassischer Erfolg. Es geht also nicht nur Gehaltserhöhungen, mehr Kunden, abgeschlossene Projekte oder Lob. Ein Win kann auch sein, dass du dir endlich Zeit für eine richtige Mittagspause genommen hast. Oder dass du endlich den nervigen Newsletter abbestellt hast.

Vorteile: Auch hier trainierst du dein Gehirn darauf, den positiven Dingen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Gleichzeitig sorgt die Herausforderung, immer mehr aufzuschreiben, zumindest bei mir dafür, dass ich tagsüber bewusst „wins“ einbaue. Außerdem: Da ich selbst definiere, was ein Win ist, kann ich den Schwerpunkt meines Journalings ein bisschen mehr steuern.

Nachteile: Wenn mehr Positivität nicht dein Ziel ist, bringt dir diese Journaling-Methode nicht so viel. Sie tut trotzdem gut, ist aber nicht so effektiv wie andere. Wenn du also zum Beispiel besser verstehen willst, warum du fühlst, wie du fühlst oder handelst, wie du handelst, brauchst du eine andere Technik. Außerdem verliert die Challenge irgendwann an Reiz, weil du entweder immer dasselbe notierst oder Banalitäten aufschreibst, die du gar nicht fühlst, nur damit die Liste länger wird.

Dankbarkeitsliste

Klingt vielleicht ähnlich, wirkt aber anders: die Dankbarkeitsliste. Ein Klassiker der Journaling-Empfehlungen. Schreib jeden Abend x Dinge auf, für die dankbar warst. Ich mag die Übung. Aber sie hat Stolperfallen:

  1. Wir hören zu früh auf. Häufig wird empfohlen, 3 (oder 5) Dinge zu notieren, für die du dankbar bist. Meiner Erfahrung nach reichen 3 Dinge aber nicht, um wirklich zu profitieren. Weil wir als erstes die offensichtlichen Dinge notieren. Dafür empfinden wir aber oft gar keine so tiefe Dankbarkeit, wie für andere Dinge. Diese anderen fallen uns aber erst ein, wenn wir die offensichtlichen aus dem Kopf aufs Papier gebracht und damit aus dem Weg geschafft haben.
  2. Wir benennen die „falschen“ Dinge. Die Gefahr ist groß, dass man aufschreibt, wofür man dankbar sein will oder sollte. Ein Dankbarkeitstagebuch funktioniert aber nur, wenn du die Dinge findest, für die du selbst in diesem Moment wirklich dankbar bist.

Vorteil: Wenn du es schaffst, dich darauf einzulassen, kann ein Dankbarkeitstagebuch wirklich helfen, Resilienz aufzubauen. Du kannst also besser mit Stress und Rückschlägen umgehen. Dass das funktioniert, ist sogar wissenschaftlich untersucht worden.

Nachteil: Es kann sich schnell abnutzen, wenn du gefühlt einfach immer dieselben Dinge aufschreibst. Und der größte Feind einer Routine ist für die meisten von uns Langeweile. Warum? Weil wir dann einfach aufhören und von einer Journaling-Praxis, die du nicht durchführst, profitierst du am wenigsten.

Schwächen und Ängste

Nachdem ich am Anfang so große Probleme damit hatte, eine Technik zu finden, die sich wirklich hilfreich anfühlte, bin ich noch mal einen Schritt zurück gegangen. Ich habe mich gefragt, was ich mit dem Journaling eigentlich erreichen will. Eine meiner Antworten: Ich will mich selbst besser kennenlernen und lernen, Verhaltensweisen, die mich belasten, entweder anzunehmen oder zu ändern.

Daraus ist eine eigene Journaling-Technik entstanden. Das Schwächen-und-Ängste-Journaling.

Ich habe mir überlegt, was mir am meisten zusetzt. In meinem Fall sind das Scham- und Schuldgefühle, die ich bei den banalsten Kleinigkeiten entwickle und die mich ewig nicht loslassen. Also habe ich eine Zeitlang jeden Abend notiert, wann ich an diesem Tag Scham oder Schuld gefühlt habe – und dann habe ich jede Situation einzeln betrachtet und dazu geschrieben, ob es objektiv betrachtet, einen Grund für meine Gefühlsreaktion gab.

Das hat das Problem nicht gelöst, aber nach einer Zeit gelang es mir manchmal, direkt in der Situation zu erkennen, dass nur alte Muster getriggert werden. Scham und Schuld waren dann zwar trotzdem da, aber ich konnte mich entspannen und sie einfach durchlaufen lassen. Vorher waren Scham und Schuld meine „Wahrheit“ und damit ein Spiegel für meinen Wert.

Vorteil: Für mich eine der Methoden, die am allermeisten bewirkt haben.

Nachteil: Es ist extrem anstrengend, sich jeden Tag mit seinen Ängsten und Schwächen auseinanderzusetzen. Außerdem habe ich nach kurzer Zeit schon gemerkt, dass sich das negativ auf meine allgemeine Stimmung auswirkt. Ich würde diese Journaling-Technik also nicht mehr allein einsetzen, sondern zum Beispiel mit einer Dankbarkeits- oder Erfolgsmethode paaren. Und: Wenn du ernsthaft belastet bist, also zum Beispiel mit Depressionen oder Angststörungen kämpfst, dann mach das bitte nicht, ohne es vorher mit deinem Therapeuten oder deiner Therapeutin abzusprechen.

Commonplace Book

Commonplace Books sind Notizbücher, wie früher Universalgelehrte Notizbücher führten. Bücher, in denen sie nicht nur allgemeine Beobachtungen und Gedanken notierten, sondern eben auch Projektskizzen, neu Gelerntes, Bilder, Ideen, Inspirationen, Zitate, Berechnungen….

Heute heißen diese Notizbücher Commonplace Books – angeblich, weil man sie eben an jedem gewöhnlichen (common) Ort (place) nutzen kann. Kommt dir das bekannt vor?  Vielleicht weil das ganz nach dem BuJo-Konzept klingt (oder vielleicht auch nach dem Zettelkasten-Prinzip).

Ich wollte aber meine Planung und Organisation (BuJo) stärker vom Journaling trennen und hab mir deshalb ein eigenes Commonplace Book angelegt. Macht das Spaß? Ja. Ist es ein nützliches Journaling-Tool? Ich bin mir noch nicht sicher.

Vorteil: Es ist kreativ und du kannst jeden Tag einen neuen Schwerpunkt in deiner Journaling-Routine setzen, indem du eben immer genau das notierst, was dich gerade beschäftigt. Besonders gut finde ich die Methode für Kreative wie Autoren, Content Creator oder Künstler, die so Inspirationen an einem Ort sammeln können.

Nachteil: Es ist extrem unstrukturiert. Ich habe nicht den Eindruck, dass ein Commonplace Book wirklich hilft, wenn du ein konkretes Ziel aus Bereichen wie der Persönlichkeitsentwicklung erreichen willst. Aber vielleicht ist es dafür auch einfach nicht gedacht. Ich glaube, es ist eher ein Tool für das Wissensmanagement als für das introspektive Journaling.

Wochenreflexion

Wenn du hier schon eine Weile dabei bist, kennst du die Wochenreflexion. Egal ob Bullet-Journal-Methode, Getting Things Done oder eine beliebige andere Zeitmanagement-Methode: Die meisten setzen auch auf eine Wochenreflexion. Aus gutem Grund.

Ich habe meine einige Monate vernachlässigt und habe sie erst durch das Selbstexperiment wieder aufgenommen. Allerdings hat meine Wochenreflexion nichts mehr mit meiner Wochenplanung zu tun. Stattdessen ist sie zu einer freien Journaling-Praxis geworden.

Die Technik ist einfach: Ich gehe meine Dailies durch und schreibe erst auf, was diese Woche gut gelaufen ist. Dann, was neutral war – also etwa, dass ich zwar regelmäßig Pausen gemacht habe, dabei aber meist am Handy hing. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn Pausen vorher immer ausgefallen sind, aber richtig gut ist das noch nicht. Zuletzt notiere ich die Dinge, die nicht funktioniert haben. Und zum Abschluss überlege ich mir, was ich in der kommenden Woche ändern will. Meist lege ich dafür einen Fokus fest und leite davon Ideen ab, was ich tun könnte, um das Fokusthema umzusetzen.

Vorteil: Du musst dir nur einmal pro Woche Zeit für eine echte Journaling-Session nehmen und kannst dich unter der Woche auf Micro-Journaling beschränken oder gar nicht journaln. Durch das Ableiten von Handlungsideen für die nächste Woche arbeitest du außerdem gleich mit deinen Erkenntnissen und verfestigst so, was du erreichen willst.

Nachteil: Du brauchst ein gutes Gedächtnis, vor allem, wenn du unter der Woche gar nicht journalst. Die Gefahr, dass kleine Erlebnisse und Erkenntnisse in Vergessenheit geraten, die aber einen großen Einfluss hätten, ist hier recht groß.

Was habe ich aus meinem Journaling-Selbstexperiment gelernt?

Aktuell arbeite ich halbwegs regelmäßig mit einer Kombination aus Mirco-Journaling, Homework of life, Birkenbiehl-Methode und der Wochenreflexion. Ich bin damit nicht richtig zufrieden, weil es nicht alle meine Journaling-Ziele abdeckt.

Ich trainiere mit dieser Methode mein Hirn darauf, positiven Dingen mehr Gewicht zu geben, erkenne früh genug, wenn ich in Sachen Energiemanagement falsch abbiege und leite daraus sofort Verhaltensänderungen ab. Das ist gut und wichtig.

Aber das Ziel, mich selbst noch besser kennen zu lernen und mich in und mit mir wohler zu fühlen, findet in dieser Routine wenig Raum.

Andererseits scheine ich mehr aktuell nicht leisten zu können. Jedenfalls nicht regelmäßig. Hin und wieder schaffe ich es, mich zu einer Journaling-Session außer der Reihe hinzusetzen und mich mit einem meiner persönlichen Themen zu beschäftigen. Aber das funktioniert nicht nach Plan. Und daran kann ich gerade offenbar auch nichts ändern.

Also konzentriere ich mich jetzt erstmal darauf, eine einigermaßen stabile Routine aufzubauen, also jeden Tag wenigstens ein bisschen zu journaln. Dabei helfen hoffentlich die folgenden Erkenntnisse:

  • Wenn ich es schaffe, mir bewusst Zeit ohne Ablenkung zum journaln zu nehmen, hat das sofort einen positiven Effekt auf meine Stimmung. Diese Belohnung ist (aktuell) aber (noch) nicht stark genug, um die Dopaminausschüttung durch Nebenher-Beschäftigungen zu toppen.
  • Ich habe den richtigen Zeitpunkt noch nicht gefunden. Ich würde gern morgens journaln. Aber ich habe dafür morgens weder die Zeit noch die Energie oder Motivation. Abends kann ich mich aber auch nicht mehr aufraffen, weil ich dann schon im Scroll- oder Lesemodus versumpft bin. Tagsüber zu journaln funktioniert, aber dabei muss ich akzeptieren, dass ich nie mit 100 % meiner Aufmerksamkeit beim journaln bin.
  • Journaln ist kein Braindump. Um davon zu profitieren, muss ich das Geschrieben auch reflektieren/noch mal lesen und damit weiterarbeiten. Deshalb habe ich die Wochenreflexion wieder eingebaut.
  • Ich muss mit der Hand schreiben, um mich mir selbst öffnen zu können. Tippen versetzt mein Gehirn sofort in einen Professionell-/Arbeitsmodus und das behindert eine echte Reflexion.
  • Journaln mit einem konkreten Ziel hat für mich den größten Nutzen. Tägliches journaln um des journalns Willen fühlt sich eher beliebig an. Ich mache es trotzdem, weil mit einen Tagen Abstand die beliebigen Einträge oft überraschend relevant sind.

Worauf solltest du beim Journaling achten?

Wenn du jetzt auch gern eine Journaling-Praxis aufbauen würdest, habe ich noch ein paar Tipps, die dir den Anfang vielleicht erleichtern:

  • Fang klein an, zum Beispiel mit dem Micro-Journaling oder journale nur einmal pro Woche statt täglich.
  • Mach es dir einfach. Wenn du nicht weißt, was du schreiben sollst oder willst, starte mit festen Fragen oder Prompts (siehe oben).
  • Frag dich, was du erreichen willst und wähl eine Technik, die dafür die besten Erfolge verspricht. Deine Antwort und die Technik darf sich übrigens auch jeden Tag ändern.
  • Entkopple das journaln vom arbeiten oder planen. Wenn du am Schreibtisch journalst, vielleicht noch zum Abschluss der Arbeitszeit, kann sich das Journaling wie eine weitere Pflicht anfühlen. Das weckt Widerstand und erschwert dir den Aufbau der Routine. Gönn dir ggf. ein schönes Notizbuch nur fürs Journaling, setz dich auf die Couch, den Balkon, den Park oder ein Café. Bau also ein Ritual auf, das positiv und stressfrei ist.