Persönliches Wissensmanagement aufbauen

Persönliches Wissensmanagement aufbauen

Zu keiner Zeit hatten wir so viel freien Zugang zu Wissen wie heute. Das ist ein Segen. Aber es ist auch ein Problem. Denn wie sorgen wir dafür, dass wir aus dem großen Pool an Wissen das herauspicken und speichern, das für uns wichtig ist? Und wie finden wir wieder, was wir mal wussten? Dafür gibt es das persönliche Wissensmanagement. Prinzipien, Tools und Methoden, die du nutzen kannst, schauen wir uns heute genauer an.

Ich kann mir nichts merken, will aber möglichst viel wissen. Ich lerne ständig bewusst neue Dinge oder schnappe irgendwo etwas auf, das ich mir unbedingt merken und später vertiefen will. Und dann sind da noch die Informationen, die ich nur alle Jubeljahre mal brauche und die mein Gehirn deshalb nie speichert. All diese Informationen, das Wissen, muss ich irgendwo sammeln. Und in „irgendwo“ lag jetzt das Problem.

Ich hatte Informationen in Notizbüchern. Aber wenn ich nicht zufällig weiß, in welchem Notizbuch die Dinge stehen, könnten sie auch einfach nirgends stehen: Für mich sind sie verloren. Deshalb habe ich irgendwann versucht, die Informationen digital zu speichern, um sie über Suchfunktionen wieder zu finden. Jetzt habe ich also Word-Dokumente, PDFs, Notion-Datenbanken, TickTick-Notizen und seit einem Jahr Notizen in Samsung Notes, wo ich auch mein Bullet Journal führe (das auch Wissen enthält).

Persönliches Wissensmanagement: Was gehört dazu?

Im Versuch, dem Chaos eine Struktur zu geben, habe ich angefangen, über persönliches Wissensmanagement zu recherchieren. Und, oh man, das ist ein Fass ohne Boden. Persönliches Wissensmanagement umfasst nämlich nicht nur Methoden und Strategien, um Wissen zu speichern und zur richtigen Zeit wieder zugänglich  zu machen. Es geht auch darum, zu erkennen, was wir noch nicht wissen, aber wissen (oder können) wollen und sich dieses Wissen dann auch anzueignen.

Das würde hier aber restlos den Rahmen sprengen, deshalb konzentrieren wir uns auf Ideen, um das Chaos, das in unseren Informationssammlungen herrscht, irgendwie in den Griff zu bekommen.

Grundsätzlich gibt es dafür zwei Lösungen: die korrekte und meine ;-):

  1. Sammel alle Informationen, die du irgendwo gesammelt hast, zusammen. Geh jede einzelne durch, bewerte, ob du sie noch brauchst und übertrage die, die noch relevant sind, sauber in dein neues Wissensmanagement-System (dazu gleich mehr).
  2. Kapituliere vor deinem Vergangenheit-Ich, führe die bestehenden Infos ungesehen und ungefiltert möglichst an einem Ort zusammen, der eine gute Suchfunktion hat und bau dir nur für zukünftige Informationen ein neues Wissensmanagement-System auf.

Ich hab beim Sichten festgestellt, dass ich Wochen brauchen würde, um alle alten Notizen sauber zu übertragen. Das ist es mir schlicht nicht wert. Deshalb ignoriere ich alle Notizen, die nicht digitalisiert sind (an die erinnere ich mich ja eh nicht mehr) und habe alle digitalen Notizen in Formate gewandelt, die meine Notizen-App lesen kann. Dort habe ich Ordner angelegt (z.B. „SAP“ (Hauptjob) oder „Zeitplanerin“) und dort alle Notizen einfach abgelegt.

Durch die wirklich sehr, sehr gute Suchfunktion muss ich mir nicht mehr Mühe machen. Ich kann auf der Startseite der App ein Schlagwort eingeben und das System durchsucht alle Dokumente und zeigt mir als Ergebnis alle Seiten mit einem Suchergebnis an.

Und damit ich mein erstes Ziel erreicht: Ich finde Informationen wieder!

Definiere das Ziel für dein Wissensmanagement

Und das ist auch mein wichtigster Tipp an dich: Mach dir erstmal klar, was du von deinem Wissensmanagement erwartest. Wenn du zum Beispiel Informationen für ein Buch sammelst, werden deine Notizen  viel ausführlicher ausfallen und du brauchst wahrscheinlich eine Software, die auch Links darstellen kann (zu Quellen). Wenn du für die Arbeit speichern willst, wie Aufgaben zu erledigen sind, die du nicht oft machst, reicht dagegen eine stichpunktartige Checkliste.

Von deinem Ziel ist nicht nur abhängig, wo du dein Wissensmanagement in Zukunft speicherst, sondern auch, wie du Informationen erfasst.

Das war nämlich mein zweiter Schmerzpunkt: Aus Angst, später nicht mehr zu verstehen, was ich mir aufgeschrieben habe, notiere ich viel zu viel. Das macht es im Nachgang aber mühselig, die Mitschriften noch mal durchzugehen. Und weil mich die Aussicht auf die schiere Menge überwältigt, schaue ich mir die Notizen am Ende nie wieder an.

Ich wollte mir also ein Wissensmanagement aufbauen, in dem ich endlich den Überblick habe bzw. Dinge wiederfinde. Und ich wollte Informationen so erfassen, dass sie später besser  auszuwerten sind.

Spoiler: Keine der Methoden, die ich recherchiert habe, hat mich wirklich überzeugt. Deshalb habe ich zwar mein altes Chaos inzwischen im Griff und finde Dinge wieder. Aber ein echtes System und eine einheitliche, strukturierte Methode, Infos zu erfassen, habe ich noch nicht.

Methoden für dein Wissensmanagement

Zettelkasten-Methode

Die Zettelkasten-Methode stammt aus analogen Zeiten. Die Idee dahinter: Jede Information kommt auf einen eigenen Zettel (oder eine Karteikarte). Gleichzeitig werden die einzelnen Zettel durch Referenzen (Schlagworte, ID-Nummer o.ä.) miteinander verknüpft. Alle Oberthemen werden außerdem in einer Index-Notiz erfasst (inkl. aller zugehörigen Referenzen), so dass man die Dinge wiederfindet. Der große Vorteil: Du musst beim Notieren nicht überlegen, was eventuell wie zusammengehört, sondern nutzt einfach für jede Idee und Information einen neuen Zettel. Hinterher, wenn du die einzelnen Zettel in den Zettelkasten sortierst, ergänzt du Referenzen, so dass du alles wiederfindest. Inzwischen gibt es Software für die Zettelkasten-Methode, so dass du sie auch digital nutzen kannst.

Wiki

Ein Wiki kannst du dir zu jedem  Thema aufbauen. Es enthält kurze Erklärungen zu bestimmten Stichworten des jeweiligen Wissensgebiets. Ein Beispiel ist mein Zeitmanagement-Wiki auf zeitplanerin.de. Großer Vorteil eines Wikis: Du musst schon beim Erfassen die wichtigsten Infos filtern und durch die Kürze der Notizen ist es hinterher ein schnelles, komfortables Nachschlagewerk.

Para-Methode

Die PARA-Methode stammt aus dem Buch „The Second Brain“ von Tiago Forte und ist eine Methode, Wissen abzulegen. Er benutzt dazu ebenfalls eine Notiz-App wie Samsung Notes oder Apple Notizen. PARA steht dann für die Haupt-Ordnerstruktur, in der alle Informationen abgelegt werden: Projekte, Areas, Ressources und Archive. Projekte meint alles, was aus einer Serie von Aufgaben besteht und ein klares Anfangs- und Enddatum hat. Areas sind Verantwortlichkeiten oder Lebensbereiche, also Dinge, an denen du immer arbeitest. Projekte werden Areas zugeordnet. Ressources sind Dinge, die dich interessieren, aber nicht unbedingt eine Handlung von dir verlangen. Und im Archiv landet alles, was du in den anderen drei Ordnern nicht mehr brauchst. So bleiben deine Ordner aufgeräumt, aber die alten Infos gehen nicht verloren.

Mindmaps/Konzeptnetze

Mindmaps und Konzeptnetze werden genutzt, um Zusammenhänge sichtbar zu machen. Du erfasst die Informationen also nicht nur getrennt von einander, sondern setzt sie (auch optisch) in Beziehung zu einander. Das hilft auch, um eine Masse von Informationen zu strukturieren und einen schnellen Überblick zu bekommen. Eine Sonderform dieser Methode sind auch SketchNotes.

Notizbücher – analog und digital

Der Klassiker: In Notizbüchern kannst du Wissen nach verschiedenen Methoden erfassen. Je nach Thema kannst du Mindmaps anlegen, mit Sketchnotes oder klassischen Notizen arbeiten. Digitale Notizbücher bieten außerdem den Vorteil, dass du deine Notizen durchsuchen und nachträglich bearbeiten kannst.

Entscheiden, was du speichern willst

Wie entscheiden wir also, was wir tatsächlich festhalten und was nicht? Zu viel aufzuschreiben – zum Beispiel bei Vorträgen – sorgt nicht nur für unnötig viel Material, das du hinterher durchgehen musst. Es kann auch dazu führen, dass du die Hälfte des Gesagten nicht richtig mitbekommst, weil du so darauf konzentriert bist, alles mitzuschreiben.

Das Wissensmanagement unterscheidet mehrere Prinzipien, um zu klären, was gespeichert werden soll:

  • Aggregationsprinzip: Informationen werden maximal verdichtet, also stark vereinfacht erfasst (Bsp. Sketch Notes oder Mindmaps).
  • Qualitätsprinzip: Erfasst wird nur, was aus geprüften, seriösen Quellen stammt und einen hohen Informationsgehalt hat (z.B. Notizen zu wissenschaftlichen Studien).
  • Hypothesenprinzip: Nur Infos, die deiner Hypothese zum jeweiligen Thema direkt widersprechen oder sie belegen, werden gesammelt (dafür brauchst du aber natürlich erstmal eine Hypothese).
  • Entwicklungsprinzip: Erfasst wird nur, was auch in Zukunft für dich relevant ist (vor allem relevant, wenn du Felder definiert hast, in denen du Wissen und Können ausbauen willst).

Für unterschiedliche Felder kannst du natürlich nach unterschiedlichen Prinzipien arbeiten. Für meine Selbstexperimente zum Beispiel mache ich Notizen nach dem Hypothesenprinzip. Um Magazin- oder Podcast-Beiträge zu scribbeln, arbeite ich bei der Recherche nach dem Aggregationspinzip (oft mit Mindmaps).

Auf diese Weise schreibe ich immer noch viel zu viel mit. Aber es ist besser geworden. Nur half mir das nicht bei der Frage, wie ich die Informationen wiederfinde – und zwar im besten Fall auch, wenn ich schon längst vergessen habe, dass es sie gibt.

Tools für dein Wissensmanagement finden

Mir war klar, dass ich den Flickenteppich auflösen muss. Informationen teilweise in Notizbüchern (alten Bullet Journals und „echten“ Notizen-Notizbüchern), teilweise in PDFs oder als Listen/Datenbanken in separaten Tools zu haben, funktionierte für mich nicht. Ich fühlte mich gestresst, weil ich nie wusste, wo ich nachsehen muss, wenn ich etwas suchte (und hässlich war das Chaos auch).

Ich habe mich dann kurz mit Tools beschäftigt, die explizit für das persönliche Wissensmanagement entwickelt wurden. Ich glaube, dass sie einen Versuch lohnen, habe die Option für mich aber schnell wieder verworfen, aus zwei Gründen:

  1. In der Vollversion kosten die alle Geld.
  2. Ich will nicht noch ein zusätzliches Tool benutzen (und über kurz oder lang doch wieder vergessen).

Was muss mein Tool können?

Also habe ich mich hingesetzt und – natürlich – erstmal eine Liste gemacht. Ich hab mir aufgeschrieben, was eine Software können muss, in der ich Wissen sammle. Dass es eine Software sein muss, war für mich klar, weil ich analog auch mit einem optimalen Inhaltsverzeichnis die Dinge einfach nicht oder nicht schnell genug wiederfinde, wenn ich sie brauche.

Das Tool meiner Wahl musste folgende Dinge bieten/können:

  • Gute Suchfunktion
  • Infos untereinander verlinken
  • Infos optisch gut strukturierbar
  • Überall und jederzeit nutzbar
  • Infos können einzeln geteilt werden (auch mit Menschen, die das Tool nicht nutzen)

Welches Tool nutze ich?

Für mich war dann relativ schnell klar, dass ich meine Notizen App, also Samsung Notes, nutzen werde. Dort liegen meine Bullet Journals, dort landen jetzt schon alle möglichen PDFs, die ich lesen und/speichern will (und die sonst vergessen im Download-Ordner meines Rechners landen würden). Es hat eine brillante Suchfunktion und lässt sich über mehrere Geräte synchronisieren (solange es Samsung-Geräte sind, das ist leider echt doof). Und ich kann sowohl ganze Notizbücher anlegen und führen als auch einzelne Dokumente speichern.

Gut zu wissen: Ich nutze Samsung Notes, weil ich mein Bullet Journal darin führe, nachdem ich viele andere Notizen-Apps dafür getestet und verworfen habe. Die App ist also bei mir schon im Einsatz ist und hat sich bewährt. Da ich mit so wenig Tools wie möglich arbeiten möchte, war das ein Vorteil. Außerdem will ich ein System, das sowohl handschriftliche als auch getippte Notizen verarbeiten, möglichst unterschiedliche Dateiformate lesen und Links, Bilder usw. verwalten kann. Und die Suchfunktion ist für mich ein Key-Feature. Aber natürlich ist Samsung Notes nicht die einzige Anwendung, die das alles kann (und die bezahlen mich auch nicht – du kannst also ruhig auch viele andere testen 😉).

Welche Tools nutze ich nicht?

Ich hab mich übrigens bewusst gegen TickTick oder Notion entschieden, um meine Notizen künftig zu speichern. Beide Tools können das – TickTick als simple Liste oder einzelne Notiz, Notion in allen möglichen Varianten bis hin zu einer echten Datenbank.

Für mich ist Notion aber zu groß. Es dauert mir zu lange, die Funktionen zu durchschauen und zu lernen, es so zu nutzen, wie ich es brauche. Wir sind einfach keine Freunde geworden. Und TickTick liebe ich zwar heiß und innig, aber mir sind die Möglichkeiten, Notizen zu gestalten, zu eingeschränkt. Und ich brauche optische Strukturiertheit (und Schönheit), wenn es um meine Mitschriften geht. Außerdem erlauben beide eben keine handschriftlichen Notizen.

Als ich euch nach euren Erfahrungen gefragt habe, haben übrigens fast 100 % OneNote von Microsoft empfohlen. Sowohl die Möglichkeit, mehrere unterschiedliche Notizbücher anzulegen als auch die vielen Möglichkeiten, Notizen innerhalb eines Notizbuchs zu strukturieren, habt ihr hervorgehoben. Und die Tatsache, dass sich OneNote über alle Geräte hinweg synchronisiert, war ebenfalls ein Pluspunkt für euch.

So sieht mein persönliches Wissensmanagement aus

Mein aktuelles persönliches Wissensmanagement sieht also so aus:

  1. Informationen komme alle automatisch in Samsung Notes – die meisten einfach ins Daily meines aktuellen Bullet Journals, manche werden als separate Dokumente gespeichert.
  2. Wenn ich Notizen erfasse, versuche ich, vorher kurz zu überlegen, mit welchem Ziel ich mitschreibe. Das hilft, weniger Überflüssiges zu speichern.
  3. Handschriftliche Notizen bekommen Schlagworte/Überschriften in „Computerschrift“ – weil die Suchfunktion Handschrift (jedenfalls meine) nicht gut genug erkennt.
  4. Zusätzlich habe ich in Samsung Notes ein Projektbuch angelegt, indem ich längere Projekte dokumentiere (über die Lebensdauer des BuJos hinaus), bin aber noch nicht sicher, ob ich das wirklich brauche.
  5. Aktuell sortiere ich einzelne Notizen und Fremddokumente in Ordner, die meinem Farbcode und damit meinen Kontextlisten in TickTick entsprechen (Privat, Zeitplanerin, Job, zusätzlich Archiv). Das habe ich mir von der PARA-Methode abgeschaut, deren Struktur selbst aber nichts für mich ist.

Aktuell funktioniert das so ganz gut für mich. Ich habe alles an eine Ort, weiß also ganz genau, wo (und wie) ich suchen muss. Das System zu pflegen, bedeutet außerdem kaum Aufwand für mich. Einziger Schwachpunkt: Das System funktioniert nur für mich allein. Jemand anderes wird sich nicht zurechtfinden und die Informationen nicht finden – zumal ich die meisten einfach zwischen Aufgaben, Terminen und Reflexion im Daily meines jeweiligen Bullet Journals „verstecke“.

Aber ein Wissensmanagement, von dem andere profitieren, ist ja auch kein persönliches Wissensmanagement mehr. Dafür habe ich zum Beispiel das Wiki oder auch die Blogbeiträge auf zeitplanerin.de – und ein ganz ähnliches Konstrukt auch für meine Kollegen im Haupjob.