Wie ich endlich mehr Sachbücher lese – und damit arbeite

Wie ich endlich mehr (Sach)Bücher lese – und damit arbeite

Ich lese im Schnitt zwischen 200 und 300 Büchern im Jahr. Aber jahrelang waren darunter keine Sachbücher. Es hat ein paar Jahre gedauert, aber in diesem Jahr habe ich jeden Monat mindestens ein Sachbuch gelesen. Die „Evolution“ bis zu diesem Punkt und alles, was ich in den Jahren gelernt habe, verrate ich dir jetzt.

Meine Mutter erzählt oft, dass ich, sobald ich die ersten Buchstaben gelernt hatte, nicht mehr aufgehört habe, zu lesen. Straßenschilder beim Autofahren, Werbung in der Post, meine Fibel… was mir in die Hände kam, habe ich gelesen. Und als Jugendliche konnte ich mich in Büchern so verlieren, dass jemand neben mir stehen und mit mir reden konnte und ich habe ihn nicht einmal bemerkt.

Romane verschlinge ich, an Sachbüchern scheitere ich

Ich lese täglich. Seit über 30 Jahren. In der Morgenroutine. Abends im Bett. Immer, wenn ich irgendwo warten muss. Und oft genug auch, wenn ich eigentlich etwas anderes tun sollte. Lesen ist meine Oase im Alltag. Und was ich schon alles gelernt habe beim Lesen! Dass Glas aus Sand hergestellt wird, weiß ich aus einem Roman von Nora Roberts über eine Glasbläserin. Dass „Sassenach“ das schottische Wort für „Fremde“ ist, hat mir Diana Gabaldon in ihrer Highland Saga beigebracht. Und die witzigsten englischen Redewendungen („blow a raspberry“, „shit hits the fan“ oder „flip the bird“) kenne ich aus zeitgenössischen Liebesromanen, die ich inzwischen oft auf Englisch lese.

Ich hatte also nie ein Problem, mich zum Lesen zu motivieren. Und ich hatte auch keine Schwierigkeiten, mich auf ein Buch zu konzentrieren. Für Stunden am Stück, wenn ich die Gelegenheit bekam. Solange es ein Roman war.

Bei Sachbüchern war das anders. Aus irgendeinem Grund habe ich es nie geschafft, Sachbücher zu Ende zu lesen, egal wie spannend ich sie fand. Das hat mich furchtbar frustriert, weil es so viele tolle Bücher zu interessanten Themen gibt und ich das alles gern lesen und lernen würde. Aber ich brauchte Jahre für ein Sachbuch – wenn ich es überhaupt zu Ende las.

Lesechallenge 2024: mehr Sachbücher

Deshalb habe ich 2024 meine Lese-Challenge zur Sachbuch-Challenge gemacht (2023 war die Lese-Challenge mehr englische Bücher zu lesen).  Mein Ziel lautete: Jeden Monat ein Sachbuch lesen und damit arbeiten. Ich hatte also zwei Herausforderungen:

  1. Mehr Sachbücher (zu Ende) lesen.
  2. Das Wissen aus den Sachbüchern so speichern, dass ich später damit arbeiten kann.

Jetzt gerade lese ich mein 8. Sachbuch. Ich bin der Challenge also schon ein kleines bisschen voraus. Meine wichtigste Erkenntnis: Es lohnt sich, dem Prozess zu vertrauen und Geduld zu haben. Lesen ist eine Frage der Übung. Willst du schneller lesen können, musst du erstmal eine ganze Weile langsam lesen. Willst du mehr Bücher lesen, musst du erstmal wenige lesen. Wenn du dich endlich länger auf ein Buch konzentrieren können willst, musst du die Phasen der Ablenkbarkeit überstehen. Es gibt keine wundersame Abkürzung, aber beim Lesen gilt, was immer gilt: Wiederholung macht erfolgreich.

Die besten Tipps, um mehr (Sachbücher) zu lesen

Und bevor ich dir zeige, in welchen Phasen meine Sachbuch-Entwicklung voranschritt, kommen hier meine besten Tipps, wenn du gern mehr lesen möchtest (egal, ob Sachbuch oder Romane):

  1. Fang mit dünnen Büchern an. So hast du schneller ein Erfolgserlebnis und das motiviert, dranzubleiben.
  2. Lieber täglich eine Seite als alle paar Wochen 50. Wenn dein Anspruch klein ist, ist auch die Hürde, anzufangen, niedriger. Und was du täglich wiederholst, wird schneller zur Gewohnheit.
  3. Such dir die richtigen Bücher aus. Für mich sind neben dem Thema und der Aufmachung eines (Sach)Buches vor allem der Schreibstil wichtig. Ich weiß, dass ich Bücher nicht zu Ende lese, wenn sie zu trocken geschrieben sind – egal, wie sehr mich das Thema interessiert. Finde also heraus, was ein Buch braucht, um dich zu fesseln und such gezielt nach solchen Büchern.
  4. Gründe oder beteilige dich an einem Buchclub oder finde einen Lese-Buddy. Accountability Partner funktionieren auch beim Lesen. Ihr motiviert euch gegenseitig, dranzubleiben, wenn ihr bis zu einem bestimmten Termin ein bestimmtes Buch gelesen haben wollt, um darüber zu diskutieren.
  5. Erlaube dir, mehrere Bücher gleichzeitig zu lesen. So dauert es zwar länger, bis du mit einem fertig wirst, aber du langweilst dich nicht so schnell und bleibst dran, wenn es darum geht, eine Lesegewohnheit aufzubauen.

Meine Sachbücher-Evolution

Als ich im Januar das erste Sachbuch anfing („Hirngespinste“ von Lisa Vogel), habe ich willkürlich ausgewählt, was ich lese – und ebenso willkürlich Notizen und Markierungen gemacht. Das hat sich inzwischen sehr verändert. Hier ist die „Evolution“ meines Sachbuch-Konsums, die sich über Jahre entwickelt hat:

Stufe 1:

kaufen, reinlesen, frustriert sein von meinem langsamen Tempo, den vielen Wiederholungen im Buch oder dem langweiligen Schreibstil, nie fertig lesen oder nichts mehr vom Anfang wissen, wenn ich endlich fertig bin, Wissen aus dem Buch nicht gespeichert

Stufe 2:

kaufen, reinlesen, wie verrückt markieren, was interessant und wichtig erscheint (aka ganze Seiten), frustriert sein von meinem langsamen Tempo, den vielen Wiederholungen im Buch oder dem langweiligen Schreibstil, nie fertig lesen oder nichts mehr vom Anfang wissen, wenn ich fertig bin, weil ich natürlich auch die Markierungen nie wieder angesehen habe

Stufe 3:

nur kurze Sachbücher oder solche in Romanform lesen (gekauft habe ich weiter auch 100 andere, die spannend klangen), freuen, dass ich sie zu Ende lese, aber nichts mit dem Gelesenen machen

Stufe 4:

ebooks ausprobieren, in der Hoffnung, mehr zu lesen, wenn ich jederzeit Zugriff habe – totaler Ausfall, weil ich Sachbücher in zu lesende Einheiten einteile („Das Kapitel hat nur noch 8 Seiten – das schaffe ich heute noch!“), dafür brauche ich haptische Seiten (wie viele angefangene Leichen liegen auf meinem Kindl und Pocketbook?)

Stufe 5:

Rituale und Routinen einführen, um Regelmäßigkeit zu kreieren (#kaffeedatemitsachbuch, Morgenroutine, Nadelmatte und Sachbuch im Bett) – jede Routine funktioniert, aber nie sehr lange

Stufe 6:

Sachbuch-Challenge ausrufen (und wieder und wieder auf Instagram teilen – sozialer Druck wirkt), 3 bis 4 Bücher parallel lesen, in der Hoffnung, dass eins davon rechtzeitig zum Monatsende ausgelesen ist, immer mit Textmarker in der Hand, um immer noch viel zu viel zu markieren und auf die Markierungen nie wieder zurück zu kommen. Alle Routinen/Rituale beibehalten, denn eine davon greift immer und so entsteht eine Gewohnheit durch Abwechslung

Stufe 7:

erkennen, dass ich nicht nur nach Thema gehen darf, sondern in Sachbücher reinlesen muss, weil der Schreibstil ausschlaggebend dafür ist, ob ich ein Buch zu Ende lese oder nicht; gleichzeitig Buchhandlung-Ausflüge mit meinem Mann einführen, die wir lieben; die Neukäufe daheim auf dem Couchtisch wie in der Auslange im Buchladen anrichten – freie Buchwahl, ganz viel Abwechslung, Sachbücher werden zum Dopaminrausch statt zur Lesepflicht

Stufe 8:

Sachbuch-Journal anlegen und Markierungen abschreiben, in der Hoffnung, so später damit zu arbeiten, ohne das Buch noch mal lesen zu müssen; feststellen, dass ich immer noch viel zu viel markiere und beim Abschreiben rauszone, also gar nicht wahrnehme, was ich notiere

Stufe 9:

App „readwise“ ausprobieren (auch für Papier-Bücher), fasziniert und begeistert, weil Erfassen so schnell geht, Markierungen kann ich aber nur als Screenshot in mein Sachbuch-Journal einfügen, importieren geht nicht (Dateiformat nicht unterstützt); Und: Markierungen abfotografieren bedeutet, dass ich sie noch weniger lese und erst recht nicht mehr damit arbeite

Stufe 10:

versuchen, Markierungen zu reduzieren, indem ich mich frage, was ich mit dem Buch erreichen will (Anregungen und Übungen? Dann muss ich nicht alle interessanten Fakten markieren. Recherche für Content? Dann Fakten, Zitate und Beispiele wichtig usw.)

Stufe 11:

Ich lese schneller! Das erste Mal 2 Bücher in einem Monat!!! Bestätigung: Es gibt keine Abkürzung, aber Übung macht uns IMMER irgendwann besser.

Stufe 12:

Statt mit Textmarker markiere ich wichtige Stellen mit dünnen Post it Strips. So bleibt das Buch unversehrt und ich kann es später wieder verkaufen; statt Markierungen eins zu eins ins Sachbuch-Journal zu übertrage, fasse ich sie in eigenen Worten zusammen

Stufe 12 ist der aktuelle Stand, aber vermutlich nicht die letzte Stufe meiner Sachbuch-Evolution.

Mach es dir einfach, mehr Sachbücher zu lesen

Bei dieser Challenge wie bei allem anderen in meinem Leben versuche ich, es mir so einfach wie möglich zu machen, mein Ziel zu erreichen. Dafür beobachte ich ganz genau, wann es mir leicht fällt und wann nicht. In Bezug auf die Sachbuch-Challenge habe ich dabei über mich gelernt:

  • dass ich mich auf Sachbücher leichter konzentrieren kann, wenn ich tagsüber im Sitzen statt abends im Bett lese
  • dass ich selten mehr als 20 Seiten am Stück lesen kann, ohne gedanklich abzuschweifen
  • dass ich leichter voran komme, wenn die Bücher mit vielen Beispielen und Storytelling arbeiten statt nur mit Fakten und reiner Information
  • dass ein bisschen Druck hilft und ich zum Ende des Monats meist motivierter und konzentrierter am jeweiligen Sachbuch des Monats lesen kann
  • dass es mir schwer fällt, mich aufzuraffen, meine Notizen und Markierungen noch mal durchzugehen, wenn das Buch ausgelesen ist (für mein Gehirn ist „ausgelesen“ dasselbe wie „kann ich mich nie wieder mit beschäftigen“)
  • dass ich Sachbücher leichter, schneller und lieber in Papierform lese (Romane lese ich dagegen fast nur noch als ebooks)
  • dass ich auch bei Sachbüchern Abwechslung brauche. Ich lese zwar selten mehrere parallel, muss aber jeden Monat ein neues Thema wählen und kann nicht zum Beispiel 3 Bücher über Neurowissenschaften hintereinander lesen
  • dass ich die meisten Sachbücher mit mehr als 300 Seiten langatmig finde. Die Autoren wiederholen Sachverhalte dann unnötig oft, finde ich

Diese Liste macht es mir unendlich viel leichter, die richtigen Sachbücher auszuwählen – also solche, die ich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch lesen werde. Ich habe kaum noch Frust-Bücher, die sich wie Kaugummi ziehen und einfach nicht zu Ende lesen lassen. So macht mir die Challenge tatsächlich Spaß und das motiviert ungemein. Wenn du also mehr lesen willst, dann beobachte dich mal, probiere verschiedene Genre, Autoren, Lesegewohnheiten aus und finde heraus, was für dich am besten funktioniert.

Sachbücher-Wissen speichern und nutzen

Bleibt die Frage, wie wir das Wissen aus Büchern so speichern, dass wir es später nutzen können, ohne die Bücher noch mal lesen zu müssen. So richtig perfekt finde ich meine Methode dafür auch noch nicht. Aber das Lesejournal hilft, dranzubleiben und wenigstens eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zu notieren.

Übrigens findest du das digiloge Lese-Journal im Download-Bereich. Du kannst es dir gern runterladen und in die Notizen-App deines Tablets oder Handy importieren. Dann kannst du dort ebenfalls deine Bücher und die wichtigsten Infos daraus erfassen.

Das Warum klären

Wenn du – wie ich – fast auf jeder Seite des Buchs eine Passage markierst, weil sie dir wichtig, interessant, witzig oder merkenswert erscheint, dann hilft es dir vielleicht, vorher zu überlegen, WIE du später mit dem Wissen arbeiten willst. Aktuell lese ich zum Beispiel ein Buch über das People Pleasing. Das will ich vor allem nutzen, um meine eigene Tendenz zum People Pleasing in den Griff zu bekommen. Entsprechend habe ich vor allem Übungen markiert und Infos, die auf mich persönlich zutreffen. In dem Buch über Gewohnheiten, von dem ich an anderer Stelle hier im Magazin berichte, habe ich zusätzlich interessante Fakten und Studien markiert. Ich wusste ja, ich will dazu auch einen Magazin-Text schreiben, das Wissen also auch für euch und nicht nur für mich selbst aufbereiten.

Mit dieser Methode mache ich zwar immer noch viel mehr Markierungen als ich hinterher verarbeiten kann, aber nicht mehr ganz so viele wie vorher. Eine Zusammenfassung in eigenen Worten zu schreiben, ist übrigens extrem hilfreich. Aber leider eben auch extrem aufwendig und anstrengend…

Erzähl anderen von den Sachbüchern, die du gerade liest

Was großartig funktioniert, um die wichtigsten Punkte eines Buches in deinem Gedächtnis zu verankern: Erzähl anderen davon. Ich habe das Wissen aus dem Buch über Gewohnheiten inzwischen sicher abgespeichert, weil ich dazu schon ein Reel gedreht, einen Magazin-Text geschrieben und zwei YouTube-Videos veröffentlicht habe (und ALLEN Freunden davon vorschwärme).

Lesen soll Spaß machen – auch bei Sachbüchern

Der wichtigste Punkt ist aber: Finde eine Form des Lesens, die dir Spaß macht! Wenn das Hörlesen ist (Hörbücher gibt es zum Teil kostenlos auf Spotify!), dann ist das prima. Und wenn du dich nur auf kurze Zusammenfassungen von Büchern konzentrieren kannst, dann hast du damit ebenfalls neues Wissen aufgebaut. Selbst wenn Bücher einfach gar nichts für dich sind, sondern du eher durch Machen lernst, dann zwing dich nicht zum Lesen. Gib dem Lesen einfach alle paar Jahre mal eine neue Chance, denn vielleicht sind Büchern einfach nur JETZT nichts für dich. Viel Spaß beim Lesen und erzähl mir doch gern mal, welche Sachbücher du empfehlen kannst!