Gute Gewohnheiten aufbauen

Du würdest gern jeden Tag vor Mitternacht im Bett liegen (ich!) und ebenfalls jeden Tag mindestens 2 Liter Wasser trinken (auch ich!) und außerdem endlich regelmäßig dreimal pro Woche Sport machen (nun ja, was soll ich sagen, das bin dann wohl auch ich!). Du willst dir also ein Verhalten angewöhnen, das dir gut tut. Dummerweise findet dein Schweinehund, dass IHM nächtliches Netflixen viel besser bekommt als Schlaf oder Sport. Hier zeige ich dir ein paar Kniffe, wie du gute Gewohnheiten leichter etablieren kannst.

Der wichtigste Punkt vorweg: Nein, eine Garantie sind die folgenden Tipps leider nicht. Ich bin beim Sport auf einem passablen Weg und komme immerhin inzwischen im Durchschnitt auf sieben Stunden Schlaf pro Nacht – aber eben nur im Durchschnitt, nicht täglich, und schon gar nicht vor Mitternacht *seufz*. Trotzdem helfen die Tipps vielleicht auch dir weiter. Wenn du mehr wissen willst und tiefer in die Materie einsteigen willst: Die Tipps stammen aus dem Buch „Die 1%-Methode“ von James Clear, das ich wirklich, wirklich empfehlen kann.

Realisierungsintention: Wann und wo setzt du deine neue Gewohnheit um?

Geh mal kurz in dich und überleg dir, wie du die neue Gewohnheit, die du gern etablieren willst, formulierst! Die Allermeisten von uns bleiben dabei eher schwammig: „Ich werde mich in Zukunft gesünder ernähren.“ „Ich werde jeden Tag ein Buch lesen.“ Sogar mein „Ich werde dreimal pro Woche Sport machen“ ist viel zu unkonkret. Diese Vorsätze lassen uns (und Schweinehund) zu viele offene Hintertüren.

Bleiben wir bei meinem Sportbeispiel. Dreimal wöchentlich Sport machen – das klingt ja erstmal relativ konkret (zumindest konkreter als mein Vorsatz von früher, wonach ich mich „mehr bewegen“ wollte). Dabei lässt es so viele Fragen offen: Wann mache ich Sport? Wie lange? Auf welche Weise? Welchen Sport?… Darauf habe ich keine konkreten Antworten gegeben – und das ist das Einfallstor fürs Verschieben: Ich habe ja nicht gesagt, wann ich in der Woche Sport machen will, also geht das auch morgen noch. Und dann ist Sonntagabend und ich bekomme ganz sicher keine drei Sporteinheiten mehr in dieser Woche unter.

Und genau hier greift die Realisierungsintention: Wir legen damit konkret fest, wann und wo wir eine neue Gewohnheit etablieren wollen.

In meinem Fall lautet meine Realisierungsintention im Moment: An meinen Homeoffice-Tagen mache ich morgens, direkt nach dem Aufstehen, in meinem Arbeitszimmer 15 Minuten Yoga. Das ist super konkret: Es ist klar, wann, wo und wie lange ich welchen Sport mache. Ergo hat Schweinehund wenig Angriffsfläche. Dabei sind die 15 Minuten Yoga noch nicht die finale Gewohnheit, die ich etablieren will, sondern nur die Einstiegsgewohnheit (mehr dazu weiter unten), aber sie funktioniert – jedenfalls, wenn ich einen weiteren Trick anwende, den ich dir im Abschnitt „Umgebung“ verrate.

Gewohnheitskopplung: Damit du deine neue Gewohnheit nicht vergisst

Mit Dingen, an die wir nicht gewöhnt sind, ist das so eine Sache: Dass wir sie machen wollten, fällt uns immer erst ein, wenn wir sie NICHT (oder automatisch das Falsche) gemacht haben. Ich habe mir mal vorgenommen, jeden Tag 10 Liegestütze zu machen. Das fällt mir ein, wenn ich im Bett liege (und natürlich stehe ich dafür nicht noch mal auf).

Deshalb empfiehlt James Clear neue Gewohnheiten an bereits bestehende zu koppeln. Die alte Gewohnheit wirkt dann wie eine automatische Erinnerung. Wenn du dir vornimmst, jeden Morgen zu meditieren, kannst du das zum Beispiel ans Zähneputzen koppeln. Die Gewohnheitskopplung in Verbindung mit der ausformulierten Realisierungsintention lautet dann: Nachdem ich mir die Zähne geputzt habe, meditiere ich 10 Minuten im Wohnzimmer.

Wichtig ist dabei: Die bestehende Gewohnheit muss in derselben Häufigkeit ausgeführt werden wie die neue. Willst du also dreimal pro Woche Sport machen, brauchst du du etwas, das du jetzt auch schon dreimal die Woche machst. In meinem Yoga-Beispiel waren das zum Beispiel die Homeoffice-Tage. Derzeit arbeite ich meistens drei Tage pro Woche von zu Hause aus. Daran habe ich also nun dreimal Yoga pro Woche gekoppelt.

Such dir als Kopplungsgewohnheit etwas aus, das du wirklich automatisch machst – zu dem du dich nicht zwingen, an das du dich nicht erinnern musst. Wähl also eine Gewohnheit, die so tief eingeschliffen ist, dass sie für dich als feste Routine funktioniert.

Schaffe die richtige Umgebung für deine neue Gewohnheit

Diesen Tipp habe ich im Buch zunächst überlesen, weil ich ihn so banal fand. Aber letztlich hat er den Ausschlag dafür gegeben, dass ich die Yoga-Gewohnheit etablieren konnte: Schaffe eine Umgebung, die deine neue Gewohnheit fördert.

Konkret bedeutet das, dass du eine Umgebung schaffst, die es dir möglichst leicht macht, deiner neuen Gewohnheit nachzugehen. Die es dir fast UNMÖGLICH macht, sie nicht auszuführen.

Bei mir sieht das so aus: Ich rolle am Abend vor dem nächsten Homeoffice-Tag die Yoga-Matte in meinem Arbeitszimmer aus. Sie liegt zwischen Schreibtisch und den Regalen an der Wand. Und da das Zimmer sehr schmal ist, muss ich dafür den Schreibtischstuhl beiseite rollen. Ich kann also erst wieder am Rechner arbeiten, wenn ich die Yoga-Matte zusammengerollt und weggepackt habe. Das mache ich aber nicht, ohne vorher Yoga zu machen, denn dann wäre der ganze Aufwand ja völlig umsonst gewesen. Voila: Es ist mir quasi unmöglich, kein Yoga zu machen, wenn ich abends bereits die Matte ausrolle und den Stuhl beiseite schiebe. Eine Arbeit von vielleicht einer Minute, aber sie war die alles entscheidende Kleinigkeit für mich.

James Clear schreibt dazu: „Die Umgebung ist die unsichtbare Hand, die das menschliche Verhalten gestaltet.“

Einstiegsgewohnheiten schaffen

Auch in „Die 1%-Methode“ gibt es die 2-Minuten-Regel. Allerdings ganz anders als David Allen in seiner Getting-Things-Done-Methode. James Clear bezieht sich damit auf die Dauer von Einstiegsgewohnheiten.

Aber von Anfang an: Neue Gewohnheiten solltest du am besten in kleinen Schritten aufbauen. So wie in meinem Sportbeispiel: Ich will dreimal die Woche Sport machen. Im Kopf habe ich dabei durchaus „richtigen“ Sport – also etwas, das mich körperlich wirklich auspowert (laufen, Fitnessstudio etc.). Das funktioniert aber nicht, wenn man sein Leben lang kaum bis keinen Sport gemacht hat (kannst du mir glauben, ich versuche es seit Jahren!). Deshalb also die Empfehlung, die neue Gewohnheit in Phasen aufzubauen.

Los geht es mit einer Einstiegsgewohnheit. Die soll so winzig sein, dass es sich lächerlich anfühlt. Deshalb auch die 2-Minuten-Regel: Eine Einstiegsgewohnheit soll nach Möglichkeit nicht mehr als 2 Minuten dauern. Im Sportbeispiel empfiehlt James Clear sogar, erstmal nur zur Gewohnheit zu machen, die Sportschuhe anzuziehen. In Phase zwei: Mit den Sportschuhen vor die Tür zu gehen. Und erst, wenn das automatisiert ist, also jeden Tag automatisch geschieht, geht er zur ersten Gewohnheit über, die etwas mit Bewegung zu tun hat. Das heißt also: Du brauchst Geduld, um neue Gewohnheiten zu etablieren, denn erst wenn die Mini-Gewohnheit der ersten Phase wirklich eingeschliffen ist, sie dir also automatisch von der Hand geht, gehst du zur nächsten Phase über.

Ich war dafür zu ungeduldig und hab mich für die 15 Minuten Yoga als Einstiegsgewohnheit entschieden. Dachte ich. In Wirklichkeit habe ich mich ausgetrickst, denn die Einstiegsgewohnheit ist gar nicht das Yoga – das ist eher eine willkommene Folge. Die Einstiegsgewohnheit in meinem Fall ist das abendliche Ausrollen der Matte. War mir lange nicht bewusst, aber tatsächlich ist das die eine, wichtige Gewohnheit, die dazu führt, dass ich Yoga mache.

Wichtige Erkenntnis: So viele Angebote da draußen, versprechen dir, dass du nur 21 (oder 30) Tage durchhalten musst, um eine neue Gewohnheit zu etablieren. Vergiss das! Laut einer Studie britischer Forscher dauert es zwischen 18 und 254 Tage, um eine neue Gewohnheit zu etablieren – abhängig von der Gewohnheit selbst und der Persönlichkeit des Probanden. Gib dir also Zeit und verzweifle nicht, wenn es nicht auf Anhieb klappt!