Zeitmanagement in Krisenzeiten

Die letzten Jahre waren eine weltweite Krise. Doch auch ohne Pandemie und Lockdown wirst du im Leben immer wieder schwierige Zeiten erleben. Dein Zeitmanagement kann dir da durchhelfen – wenn du es anpasst. Wie Zeitmanagement in Krisenzeiten gelingt, erkläre ich dir heute.

Vielleicht warst du längere Zeit krank. Oder du hast dich nach vielen Jahren von deinem Partner getrennt. Oder die Kinder sind aus dem Haus und alles fühlt sich sinnlos an. Oder du fängst eine Ausbildung, ein Studium, eine neue Arbeitsstelle an und Stress und Selbstzweifel fressen dich auf. Oder du bist zum ersten Mal Mama oder Papa geworden und statt rosarot ist das neue Leben eher babykackegelb. Niemand geht ohne Krisen durchs Leben.

Und egal, ob große oder kleine, kurze oder lange Krisenzeit: In einer solchen Lebensphase wachsen uns selbst Routineaufgaben schnell über den Kopf. Unerwarteten Zusatzaufgaben fühlen wir uns erst recht nicht gewachsen.

Umso wichtiger, ist ein gutes Zeit- und Selbstmanagement, um die harte Zeit nicht noch unerträglicher zu machen. Die wichtigste Fähigkeit in diesen Zeiten, ist die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Und zwar echte Prioritäten.

Zeitmanagement in Krisenzeiten funktioniert nur, wenn du deine Bedürfnisse kennst

Um zu entscheiden, was jetzt wichtig ist, was wirklich erledigt werden muss – und vor allem, was nicht – musst du glasklar wissen, welche Bedürfnisse du gerade hast.

„Klar weiß ich das, ist doch logisch!“, wirst du jetzt vielleicht denken. Aber gibt mir (und dir) mal eine Sekunde länger, um darüber nachzudenken! Weißt du wirklich, was DU gerade brauchst? Oder weißt du das nur so ungefähr und beschäftigst dich damit auch nicht weiter, weil du ja eh keine Zeit hast, dich darum zu kümmern. Weil du ja – egal wie mies es dir geht – trotzdem funktionieren musst?

Und genau darum geht es mir! Wenn du in deinem Leben durch harte Zeiten gehst, ist es anstrengend genug, durch deinen Tag zu kommen – auch ohne, dass du dir die Krisen aller anderen auch noch aufbürdest.

Setz dich jetzt also bitte kurz hin und sperr die anderen für eine Viertelstunde aus deinem Kopf aus. Und jetzt schreib auf, was du gerade brauchst. Achtung: Was du brauchst! Nicht, was du solltest, müsstest oder gern würdest. Bedürfnisse sind die Dinge, die erfüllt sein müssen, damit wir (gut) leben. Essen, Luft, Schlaf, Wasser sind grundlegende Bedürfnisse. Aber darüber hinaus kann es sein, dass du gerade andere Dinge brauchst als deine Freundin – selbst wenn ihr beide durch dieselbe Krise geht.

Ein Beispiel: Wenn du schwer krank bist, ist alles, was dafür sorgt, dass es dir weniger schlecht geht, ein Bedürfnis. Das ist natürlich die medizinische Behandlung. Aber darüber hinaus? Für den einen ist es der Kontakt zu anderen Menschen, der ihnen hilft. Für den anderen ist das dagegen zu anstrengend.

Es gibt keine guten oder schlechten Bedürfnisse. Was du brauchst, brauchst du. Fertig. Aber um dir zu geben, was du brauchst, musst du deine Bedürfnisse erstmal kennen.

Prioritäten setzen, um deine Bedürfnisse zu erfüllen

Im zweiten Schritt gehst du nun alle Termine, Aufgaben, Verpflichtungen durch und markierst die, die notwendig sind, um deine Bedürfnisse zu erfüllen. Lass uns zu unserem Beispiel zurückkommen: Wenn du krank bist, haben alle Arzttermine, die Übungen, die dir deine Therapeuten mitgegeben habe, die Einnahme deiner Medikamente, gesundes Essen und alles, was dir sonst noch hilft, dich besser zu fühlen, Priorität. Alle anderen Verpflichtungen kommen danach (oder gar nicht, wenn du dann keine Kraft mehr hast).

Wenn du aber deinen Job verloren hast, kommen die Termine bei der Arbeitsagentur, Vorstellungsgespräche, die Suche in Jobbörsen, das Bewerbungen schreiben usw. zuerst und alles andere ist nachrangig.

Auf diese Weise dünnst du die Zahl deiner Verpflichtungen nach deinen individuellen Kriterien aus und das ist der wichtigste Punkt bei Zeitmanagement in Krisenzeiten. Denn in Krisen haben wir weniger Energie. Du kannst nicht so viel schaffen wie sonst, also setz dich nicht unnötig unter Druck, indem du es dir trotzdem jeden Tag vornimmst.

Pro-Tipp: Wenn es dir schwer fällt, Aufgaben zu priorisieren, geh mit einer anderen Perspektive ran. Statt dich zu fragen: „Was muss ich heute machen?“, frag dich: „Was brauche ich/brauchen wir heute?“

Tool-Tipps für dein Zeitmanagement in Krisenzeiten

Die wichtigste Änderung, um dein Zeitmanagement in Krisenzeiten anzupassen, ist tatsächlich deine Einstellung: Perfektionismus ist jetzt Gift für dich. Erkenne, was du brauchst, sorg dafür, dass du es bekommst und erlaube dir, alles andere zu verschieben oder ganz abzusagen!

Aber darüber hinaus gibt es auch ein paar Tools aus dem Zeitmanagement, die dir helfen können, eine Krise schneller und besser zu überwinden.

Nutze eine Irgendwann- statt deiner Sammelliste

Normalerweise empfehle ich dir ja, deine Aufgaben auf einer großen Sammelliste zu notieren – ungefiltert, unsortiert. Einfach, um sie an einem Ort sicher zu verwahren, bis du sie in die Wochen- oder Tagesliste übernehmen und abarbeiten kannst.

In Krisenzeiten kann die Sammelliste aber unter Umständen, Druck machen, den du gerade nicht gebrauchen kannst. Damit Aufgaben, Projekte und Ideen trotzdem nicht verloren gehen, schreib sie auf eine Irgendwann-Liste. Allein der Name nimmt Druck aus der Sache. Mit der Irgendwann-Liste ist klar, dass du nichts sofort erledigen musst. Damit ist dein schlechtes Gewissen nicht mehr so dominant und wenn es dir besser geht, kannst du nahtlos weitermachen, weil ja nichts verloren ist.

Nutze Tools, die dir die Tagesplanung vereinfachen

Um die Tage sinnvoll zu nutzen, solltest du sie so planen, dass es leicht für dich ist, dem Plan zu folgen. Wichtig dafür:

  • Du hast eine Struktur, die du auf einen Blick erkennst und der du nur noch folgen musst
  • Du belohnst dich für Erfolge – auch die kleinen – und motivierst dich so, immer weiterzumachen.

Die beste Methode für eine Tagesstruktur, der du einfach nur noch folgen musst, ist das Timeboxing: Jede Stunde des Tages bekommt eine Timebox und am Vorabend füllst du diese Boxen, aber nicht nur mit Terminen und dringenden Aufgaben, sondern auch mit fixen Zeiten für Pausen, Freizeit/Spaß/Erholung usw. Diese Timeboxen trägst du entweder in deinen Kalender ein oder du nimmst einfach ein Blatt Papier und zeichnest dir den Plan für den Tag auf. Sorg nur dafür, dass du den Plan den ganzen Tag über jederzeit im Blick hast.

Um dich zu belohnen, kannst du eine Kombination aus Ta-Da-Liste und FEM-Methode nutzen. Auf die Ta-Da-Liste schreibst du den ganzen Tag über alle erledigten Aufgaben und die kleinen und großen Erfolge auf. Abends liest du sie dir noch mal durch und stellst vermutlich fest, dass du doch viel mehr geschafft hast, als du dachtest.

Bei der FEM-Methode schreibst du deine To-Do-Liste für den Tag so, dass du neben den (maximal!) drei Fokusaufgaben für den Tag, die unbedingt erledigt werden müssen, auch drei Lust-Aufgaben notierst. Das sind Dinge, auf die du dich freust, die du wirklich gern machst (Achtung, falls dein innerer Kritiker sich gerade meldet und behauptet, so schreibe man keine To-Do-Liste, kannst du ihn gern an mich verweisen: Er möge mir doch bitte mal zeigen, wo steht, dass auf einer To-Do-Liste nur Aufgaben stehen dürfen, die keinen Spaß machen!). Hast du eine gewisse Zeit an einer Fokusaufgabe gearbeitet, kannst du dich mit einer Lust-Aufgabe belohnen. Und hast (ja, obwohl du Spaß hattest) am Ende sogar zwei Einträge für deine Ta-Da-Liste!

Keine Krise dauert ewig

Mindestens so wichtig wie all die Tools und Methoden ist für dein Zeitmanagement in Krisenzeiten, dass du dir genug Zeit nimmst, dich zu erholen. Klingt paradox, aber gerade wenn es uns schlecht geht, fällt das oft hinten runter. Wir sind dann so damit beschäftigt, zu kämpfen, um aus der Krise zu finden, dass wir uns die Zeit nicht nehmen, bewusst zu regenerieren. Weil wir das Gefühl haben, keine Zeit dafür zu haben. Weil wir das Gefühl haben, erstmal etwas leisten zu müssen, bevor wir uns Entspannung „verdient“ haben. Oder schlicht, weil wir zu verzweifelt sind.

Nimmst du dir aber keine Zeit für Pausen und Dinge, die dir gut tun, verlierst du immer noch mehr Energie. Damit wird es noch schwerer, die Krise durchzustehen. Und wenn sie vorbei ist – und sie geht vorbei, denn keine Krise dauert ewig! – hast du keine Energie mehr, um wieder richtig durchzustarten.

Also achte auf deinen Energiehaushalt und sorge zumindest für:

  • eine halbwegs gesunde Ernährung
  • ein gesundes Trinkverhalten (Wasser und zwar genug davon an jedem einzelnen Tag!)
  • genug Schlaf
  • Bewegung (möglichst an der Luft und in der Sonne)
  • Psychohygiene (Sprich, wein, schimpf, tob mit bzw. bei Menschen, denen du vertraust. Friss nicht alles in dich hinein!)